Neue Technologien

Hannover Messe 2023: Zusammenarbeit ist die Strategie der Stunde

„Business as usual“ war der Eindruck der Hannover Messe 2023 – doch nur an der Oberfläche. Darunter brodelt es gewaltig: Insbesondere in den letzten zwei Jahren sind neue, große Herausforderungen auf die Industrie eingestürmt.

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Die Messe macht klar: Der Energiehunger, Sustainability sowie die EU-Regulatorik rund um ESG und EU-Data Act brauchen weitere technologische Innovation, will die Industrie zukunftsfähig bleiben. Wir zeigen Ihnen in diesem Blogartikel erfolgversprechende, neue Strategien und technologische Lösungsansätze. 

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Die Herausforderungen, mit denen sich die Industrie konfrontiert sieht, sind bekannt – hier nur ein kleiner Überblick: Die Pandemie hat die Lieferketten durcheinandergewirbelt und bekannte Supply Chains zerrissen. Der Ukrainekrieg hat den globalen Energiemarkt in Schieflage gebracht. Die Klimakrise macht Fragen der alternativen Energieversorgung und des effizienten Energieeinsatzes vom Rand- zum Kernthema der Industrie. Die Inflation hat in den USA den „Inflation Reduction Act“ geboren, der die europäischen Ängste vor einer Abwanderung der heimischen Industrie weiter befeuert. Und nicht zuletzt fragt sich die Branche, welche Herausforderungen mit dem EU Data Act und dem neuen Datenökosystem Manufacturing-X auf sie zukommen. 

Neue Ökosysteme und offene Plattformen in der Cloud

Wir von Zühlke sind davon überzeugt, dass sich diese enormen Herausforderungen nur gemeinsam lösen lassen. Es braucht unternehmens- und branchenübergreifende Zusammenarbeit, Co-Kreation und Co-Innovation, um am Markt bestehen zu können. Diese Überzeugung wurde auf der Hannover Messe bestätigt. Die Gespräche, die Vorträge, die Keynotes und die Ausstellenden machten klar: Zusammenarbeit ist die Strategie der Stunde – sowohl auf vertikaler als auch auf horizontaler Ebene. Offene statt geschlossener Systeme, Standards statt proprietärer Zugänge, Software statt Hardware. Auf Produktebene z. B. zeigt sich, dass zunehmend Ökosysteme entstehen, die nicht auf die Produktwelt eines einzelnen Herstellers beschränkt sind. Ein typisches Beispiel: Kauft ein Maschinenbauer heute Verbindungstechnik für seine neue Maschinenserie von einem Anbieter, so bekommt er nicht nur einen austauschbaren Stecker. Er bekommt damit auch Zugang zur Steuerungsebene eines anderen Anbieters und zu den Cloud-Funktionalitäten eines dritten. Doch anders als bisher entstehen dabei nicht abgeschlossene vertikale Technologieebenen, die ihn zwingen sich für die eine oder die andere Wertschöpfungswelt zu entscheiden. Und diese Offenheit – und dass ist der spannendste Aspekt – zeigt sich auch auf horizontaler Ebene gegenüber Mitbewerbern. Dies war im Rahmen der Innovations-Tour mit dem Industrie-Club Hannover eindrucksvoll auf dem Schneider Electric Stand zu sehen und wurde in den Gesprächen auf dem anschließenden Niedersachsenabend am Stand der Salzgitter AG bestätigt. 

Neue Chancen durch offene Plattformen und Standards

Offene Plattformen und Open-Source-Ansätze sind das Gebot der Stunde. Das lässt sich am anschaulichsten an der Maschinensteuerung illustrieren. Nach Jahrzehnten, in denen die Steuerungstechnik-Anbieter einen klaren Abgrenzungskurs von den Mitbewerbern gefahren haben, ließ sich auf der Hannover Messe ein 180-Grad-Schwenk beobachten. Statt an die Hardware gebunden zu sein, setzen die Hersteller auf offene Systeme bei der Steuerung und gemeinsame Standards wie dem IEC 61131-3 für die Applikationsentwicklung. Damit einher geht das Versprechen, mit diesem neuen Ansatz auch die Hardware des Mitbewerbers ansprechen zu können. Auf den dazugehörigen offenen Plattformen können zudem Applikationen von Mitbewerbern, die sich ebenfalls an offene Standards halten, so einfach ausgerollt werden wie Apps auf einem Smartphone. Damit ergeben sich auch neue Möglichkeiten für die digitale Servitization im Maschinenbau. Digitale Services eröffnen neue Potenziale wie wiederkehrende Umsätze oder eine engere Kundenbindung. Mehr dazu, wie Sie erfolgreich digitale Services im Maschinenbau implementieren, finden Sie auf unserer Themenseite. 

Klimaneutrale Industrie: Die Frage ist nicht „ob“, sondern „wie“

Weiteres Kernthema für die Zukunft der Branche ist der Bereich Nachhaltigkeit. Für uns ist klar: Nachhaltigkeit im Maschinenbau geht weit über Ecodesign und die Verwendung nachhaltiger Materialen hinaus. Es braucht neue Strategien, Prozesse und Geschäftsmodelle, um mittelfristig eine CO2-neutrale Fertigung und die klimaneutrale Kreislaufwirtschaft realisieren zu können. Klimaneutralität braucht die Industrie – sowohl als Anbieter als auch als Anwender von Technologien, die eine CO2-neutrale Produktion ermöglichen. Zahlreiche Unternehmen präsentierten solche Lösungsansätze, insbesondere im Bereich Energie-Management und Aufbau einer Wasserstoff-Ökonomie. So vielversprechend diese Ansätze auch sind, sie zeigen gleichzeitig, dass auf dem Weg zur klimaneutralen Produktion weiter an innovativen Lösungen gearbeitet werden muss, um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie nachhaltig zu sichern.  

Andererseits ist Kreislaufwirtschaft, die ganz nebenbei auch die Versorgungssicherheit in der Supply Chain erhöht, auch keine Raketenwissenschaft, sondern bedingt ein pragmatisches Herangehen, um die „Low Hanging Fruits“ zu ernten. Es ist das „Umparken im Kopf“ und damit manchmal nur das Infragestellen jahrzehntealter Prozesse. Praxisnah und pragmatisch haben das Thomas Fetting von Wilo und Tom Schneider von Trumpf in ihren Podiumsbeiträgen beim VDMA-Maschinenbau-Gipfel-Salon dargestellt. 

Egal ob Quick Wins oder langfristige Nachhaltigkeitsziele, auch beim Thema Nachhaltigkeit wurde deutlich: Kooperation ist das Gebot der Stunde. Immer komplexere Herausforderungen erfordern multidisziplinäre Lösungen und Co-Kreation, wie z. B. unser Projekt für eine nachhaltige Zukunft mit der Sensirion Connected Solutions AG zeigt. 

ChatGPT & Co: Daten und KI sind allgegenwärtig

Im Bereich Daten und KI (Künstliche Intelligenz) wartete die Hannover Messe auf den ersten Blick mit einer kleinen Überraschung auf: Anders als angesichts des Hypes um ChatGPT und Generative AI zu erwarten gewesen wäre, war es kein eigener Ausstellungsbereich, sondern Industrial AI (Artifical Intelligence) wird vielmehr als Enabler für die Optimierung unterschiedlichster Lösungen verstanden. Der strategische Einsatz von Daten, also die Nutzung einer ausreichenden Menge passender Daten, und KI unterstützt Unternehmen, z. B. bei Produktivitätssteigerung oder im Service, und ebnet den Weg zur Smart Factory oder zur datengetriebenen Organisation. Wie Sie diesen Weg erfolgreich meistern und welche Hürden Sie erwarten, lesen Sie in unserer Studie „Data-driven Companies“. Die Messe unterstreicht damit einmal mehr die Bedeutung von datenbasierten Entscheidungen und zielgerichteten KI-Anwendungen und zeigt, wie zentral diese Technologien für neue Ökosysteme, für die Automation, den Klimaschutz, die Digitalisierung und damit für das Überleben der Industrie insgesamt sind. 
 
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Zühlke Gerald Brose
Ansprechpartner für Deutschland

Gerald Brose

Ehemaliger Executive Director Business Development
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