Industrie

Auf dem Weg zum datengetriebenen Industrieunternehmen

Unternehmen haben längst verstanden, dass der Schritt hin zur datengetriebenen Organisation die letzte Veredelungsstufe in der Digitalisierung darstellt. Um dies zu erreichen, wurden Strategie-Roadmaps entwickelt und erfolgversprechende Pilotprojekte definiert. Die aktuelle Krise stellt Unternehmen aber vor Herausforderungen, deren Lösung strategische Initiativen in den Hintergrund drängt. Wir zeigen in diesem Beitrag auf, wie sich in der Industrie der Weg zum datengetriebenen Unternehmen während und nach der Krise aktiv weiterverfolgen lässt. 

#ML 4 Industry
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Wir zeigen in diesem Beitrag auf, wie sich in der Industrie der Weg zum datengetriebenen Unternehmen während und nach der Krise aktiv weiterverfolgen lässt. 

Wie Sie künstliche Intelligenz auf dem Weg aus der aktuellen Krise nutzen können

Unternehmen haben längst verstanden, dass der Schritt hin zur datengetriebenen Organisation die letzte Veredelungsstufe in der Digitalisierung darstellt. Um dies zu erreichen, wurden Strategie-Roadmaps entwickelt und erfolgversprechende Pilotprojekte definiert. Die aktuelle Krise stellt Unternehmen aber vor Herausforderungen, deren Lösung strategische Initiativen in den Hintergrund drängt. Wir zeigen in diesem Beitrag auf, wie sich in der Industrie der Weg zum datengetriebenen Unternehmen während und nach der Krise aktiv weiterverfolgen lässt. 

Standortbestimmung im 3-Phasenmodell

Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sind noch nicht genau abzuschätzen. Die Auswirkungen hängen von der Geschwindigkeit ab, in welcher sich Märkte, Branchen und Unternehmen erholen können. Dabei ist entscheidend, auf welchem Niveau eine Volkswirtschaft, eine Branche oder ein Unternehmen in die Krise hineingegangen ist, wie hoch staatliche Hilfspakete ausfallen, welche Eindämmungsmaßnahmen getroffen werden und wie schnell ein Impfstoff entwickelt werden kann. Im August 2020 verzeichnete der Industriesektor ein negatives Wachstum von 11,1 % im europäischen Raum [1]. 

Das Marktforschungsunternehmen Gartner hat ein 3-Phasenmodell definiert, das Unternehmen die eigene Standortbestimmung erleichtert. Dem Modell zufolge gibt es drei Phasen: 

1.    Reagieren / ums Überleben kämpfen
2.    Wiederherstellen / sich erholen
3.    Erneuerung / Pläne schmieden. 

Die Einordnung Ihres Unternehmens in dieses Modell hilft, die eigenen Handlungsoptionen und nächsten Schritte abzuleiten und deren Abhängigkeiten untereinander besser zu verstehen.

3 Phases EN The 3-phase model from Gartner [2]

Sind Strategie-Roadmaps hin zum datengetriebenen Unternehmen jetzt hinfällig?

Die Frage, die sich aktuell stellt, ist jene nach der Priorisierung von Maßnahmen. Das 3-Phasenmodell von Gartner kann helfen, Prioritäten zu setzen und strategische Roadmaps in der mittel- und langfristigen Planung neu zu verorten. 
Als datengetriebenes Unternehmen möchten Sie Daten, Analytics und Artificial Intelligence (AI) in allen Funktionen und Bereichen nutzen: Sie treffen auf Basis von Daten bessere Entscheidungen, Sie setzen AI- und Machine-Learning-Technologien (ML) ein, um Prozesse schlanker, schneller und kundenorientierter zu machen, und Sie nutzen die Möglichkeiten dieser Technologien, um radikal neue Produkte und Services zu entwickeln und sich so neue Umsatzquellen zu erschließen. Dieses Bestreben behält auch während der Krise seine Berechtigung und bereits erarbeitete Roadmaps ihre Gültigkeit. 
Nachfolgend betrachten wir jede der 3 Phasen und geben unsere Handlungsempfehlung im Hinblick auf den Weg zum datengetriebenen Unternehmen.
 

Reagieren – Sicherung der Ressourcen

Die Hauptaktivität in dieser Phase ist die Sicherung der eignen Ressourcen. Man verschafft sich einen Überblick, trifft Sofortmaßnahmen und stellt das Überleben sicher. Dies erfolgt durch Verhandlungen mit Partnern, Einfrieren von Projekten und radikale Senkung von Kosten. Im Vordergrund steht die Entwicklung einer Cash-Flow-Strategie. Sofern dafür in der Vergangenheit keine Systeme – etwa für die Auswirkungsanalyse von Entscheidungen – etabliert wurden, gibt es keine schnell verfügbaren technologischen Lösungen, die hier automatisiert unterstützen können. Allenfalls leisten ad hoc Business Intelligence und manuelle Datenanalyse einen Beitrag zur Standortbestimmung.
Wie in der Grafik dargestellt, befindet man sich zu Beginn einer Krise in allen drei Phasen gleichzeitig (mit unterschiedlicher Intensität). Es lohnt sich also, trotz der akuten Herausforderung nach vorn zu schauen, sobald sich die Hektik etwas gelegt hat.

Wiederherstellen – gezielte Umsetzung einzelner ML-Anwendungsfälle, z. B. zur Kostensenkung

In der zweiten Phase geht es darum, das Geschäft wieder zu beleben und die Investitionspläne neu aufzustellen. Das Ziel dieser Phase bleibt die Kosten-Optimierung. Dazu können beispielsweise Qualität, Effizienz oder Produktivität gesteigert werden. Initiativen zur Automatisierung und Digitalisierung werden einem Review unterzogen und Maßnahmen neu priorisiert. In dieser Phase lohnt es sich, gezielt ML-Anwendungsfälle zu identifizieren, die insbesondere zur Kostensenkung beitragen. Am besten startet man mit einer schlanken Prozessanalyse im interdisziplinären Team.
 
Nehmen wir das Beispiel automatisierte Qualitätskontrolle anhand von Computer Vision: Mit automatisierter Bildkontrolle und neuen Unsupervised-ML-Ansätzen können schnell und zuverlässig Mängel bis hin zu kleinsten Kratzern in Produktoberflächen erkannt werden, auch wenn ein System diese zuvor noch nie gesehen hat. Alternativ kann über semantische Segmentierung eine pixelgenaue Zuordnung von Bildelementen erfolgen, die in einem zweiten Schritt zur Vermessung von Objekten beiträgt. Spaltmaße oder die Ausbreitung von Flüssigkeiten können so in Echtzeit vermessen und beurteilt werden. Diese Möglichkeiten konkurrieren heute mit lasergestützten Verfahren, sind jedoch oft kostengünstiger, schneller und flexibler einsetzbar.
 
Bei der Analyse lohnt es sich, ganzheitlich zu denken. Potenzielle Anwendungsfälle sind in der Ausschussreduktion der Produktion, im verbesserten Servicemanagement durch eine erhöhte First-Fix-Rate oder komplett außerhalb der Produktionsprozesse zu finden.

So kann es sich auch lohnen, die Angebotserstellung zu automatisieren. Hier sind erhebliche Kostensenkungen möglich, wenn selbst für kleinste Fertigungsteile immer wieder individuelle Angebote erstellt werden müssen. Ein Algorithmus kann die Kundenanfrage direkt in ein Angebot übersetzen, das ein Mitarbeiter nur noch freigeben muss. Das ist eine Win-Win-Situation: für den Endkunden, weil er schneller weiß, ob er sein maßgeschneidertes Produkt bekommt und wie teuer es ist, und für den Anbieter, weil das Vertriebsteam sich auf die wirklich interessanten Fälle konzentrieren kann. Der Durchsatz von Angeboten wird so um ein Vielfaches erhöht.
 
Es lohnt sich in dieser Phase also, die gesamte Wertschöpfungskette auf Schwachstellen zu untersuchen und diese gezielt zu beheben.

Erneuern – agile Etablierung des datengetriebenen Unternehmens

In der dritten Phase überwiegen strategische Überlegungen in Richtung digitale Transformation. Neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, war schon immer schwierig. Doch durch die digitale Transformation und datengetriebene Strategien nehmen Sie eine neue Perspektive ein. Oft entstehen so Ideen, die echte Wettbewerbsvorteile bringen.

Statt vereinzelte Machine-Learning-Projekte umzusetzen, lohnt es sich deshalb, strategisch vorzugehen. Zühlke hat hierfür ein Vorgehensmodell entwickelt, das sich bewährt hat. Basierend auf einer klaren Vision wird eine Datenstrategie entwickelt und eine Daten- & ML-Projektpipeline aufgesetzt. 

Das Zühlke-Vorgehensmodell für datengetriebene Unternehmen Das Zühlke Vorgehensmodell für datengetriebene Unternehmen

Im ersten Schritt bereiten sich Unternehmen auf die Transformation vor. Ein Kernteam, unter Beteiligung des Topmanagements, entwickelt zuerst eine Vision für die datengetriebene Zukunft. Wichtig dabei ist, dass diese Vision auch motiviert und mögliche Ängste der Belegschaft zur Kenntnis nimmt und berücksichtigt.

Im zweiten Schritt geht es um das „Was“. Ausgehend von der Unternehmensstrategie wird eine Datenstrategie entwickelt. Dazu wird ein erstes Portfolio an konkreten Projekten und Initiativen aufgebaut.

Im dritten Schritt werden schließlich die Grundlagen (Fähigkeiten, technische Datenplattformen, Strukturen und Prozesse etc.) geschaffen, und parallel dazu werden Projekte und Initiativen umgesetzt. Dies ist das zentrale Funktionsprinzip unseres Vorgehensmodells: Grundlagen werden Schritt für Schritt und immer in Bezug zu einem konkreten Anwendungsfall geschaffen. Dies gewährleistet, dass praxistaugliche und schlanke Strukturen etabliert werden, die anhand eines konkreten Anwendungsfalls getestet und, falls notwendig, angepasst werden können. Für das erste Umsetzungsprojekt wird ein Anwendungsfall gewählt, der große Chancen auf Erfolg hat. Dieses „Leuchtturmprojekt“ soll eine positive Strahlkraft ins Unternehmen haben und damit die interne Akzeptanz der Unternehmenstransformation weiter stärken.

Das gezeigte Vorgehen stellt einen agilen, praxisorientierten und -erprobten Weg dar, die Datenstrategie zu etablieren. In 4–6 Monaten (je nach Umfang der ersten Umsetzungsprojekte) kann so das Fundament für ein datengetriebenes Unternehmen und somit für ein innovatives, zukunftssicheres Geschäft gelegt werden.
 

Zühlke als langfristiger Partner auf dem Weg zum datengetriebenen Unternehmen

Die aktuelle Krise mag den Antrieb zur weiteren Digitalisierung und zur Umsetzung strategischer Projekte kurzfristig komplett gestoppt oder verlangsamt haben, weil Sie zunächst die digitale Optimierung zur Reduktion der eigenen Kosten bevorzugt vorantreiben müssen. Wir bei Zühlke sind jedoch der Überzeugung, dass die Krise ein Katalysator zur Priorisierung der strategischen Projekt-Roadmap ist. In diesem Sinne verändert die Krise nicht das Ziel, sondern sorgt dafür, dass Unternehmen auf dem Weg in ihre digitalisierte Zukunft in einem Zwischenschritt stärker auf Prozessoptimierung fokussieren. 
 
Gerne begleiten wir Sie auf diesem Weg.

[1] Quelle: Eurostat, Impact of Covid-19 crisis on industrial production, August 2020
[2] Quelle Gartner Phasenmodell

Tobias Joppe
Ansprechpartner für Deutschland

Tobias Joppe

Director Customers Solutions

Tobias Joppe hat Automatisierungs- und Regelungstechnik an der TU Braunschweig studiert und war zuletzt Leiter eines Innovationsteams bei der Siemens AG. Seit 2008 ist er bei Zühlke, ist Partner und verantwortet als Director Customers Solutions den Trend Lead Data Science in Deutschland. In seiner Rolle baut er die Brücke zwischen Spitzentechnologie und aktuellen Kundenbedürfnissen. Gemeinsam mit Kunden übersetzt er Visionen und Ziele in eine strategische Roadmap und konkretes Projektvorgehen. Viele realisierte, interdisziplinäre Projekte bilden dabei die Basis seine Erfahrung.

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