Data Strategy

EU-KI-Gesetz: Wie lässt sich Künstliche Intelligenz in Zukunft regulieren

Angesichts der rasanten Fortschritte in der KI-Technologie müssen wir darüber nachdenken, wie wir ein sich ständig weiterentwickelndes Umfeld regulieren. Wie kann die KI-Regulierung Innovation unterstützen und gleichzeitig ungewollte negative Folgen verhindern? Geht der EU AI Act hier weit genug? 

Outdoor scene with green trees and motion blur commuters
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Mit Insights von...

Künstliche Intelligenz entwickelt sich so rasant, dass wir kaum Schritt halten können. Umso wichtiger ist es, schon heute die KI-Gesetze und AI-Regulierungen von morgen zu gestalten. 

Im Mai 2023 hat das “Center for AI Safety” ein Statement veröffentlicht, in dem es vor dem „Auslöschungsrisiko für die Menschheit“ durch künstliche Intelligenz selbst warnt und dazu aufruft, die Minderung dieses Risikos ganz oben auf die globale Agenda zu setzen. Das Statement wurde von Dr. Geoffrey Hinton, „Godfather of AI“, Sam Altman, CEO von OpenAI-CEO, und vielen anderen Branchenexpertinnen und -experten unterstützt.  

Sind diese Aussagen übertrieben oder sind wir tatsächlich in ernsthaften Schwierigkeiten? Und falls Letzteres der Fall ist: Wie lässt sich KI-Regulierung so umsetzen,, dass Innovation und wirtschaftlicher Wettbewerb gefördert werden, ohne die Menschheit in ihrer Gesamtheit zu bedrohen? 

Es ist kein Geheimnis, dass dieses KI-Gesetz eine schwierige, aber keine unmögliche Aufgabe ist. Es gilt, den bisherigen Verlauf, die aktuellen Fortschritte und die Bereiche zu prüfen, in denen wir unsere Fähigkeit und Bereitschaft zur Anpassung verbessern können … 

Warum ist das KI-Gesetz notwendig? 

Statements wie die des “Center for AI Safety” machen natürlich Schlagzeilen – aber was steckt hinter dieser Debatte? 

Es ist allgemeiner Konsens, dass der Einsatz von KI-Technologien weiter stark ansteigen wird, und damit auch der Bedarf an einer zunehmenden KI-Regulierung.  Interessant dabei ist, dass regulatorische Bedürfnisse eng mit moralischen und gesellschaftlichen Bedürfnissen verbunden zu seien scheinen. 

Diese Standards sollen letztlich sicherstellen, dass die KI keine ungewollten, negativen Folgen nach sich zieht. 

Aus regulatorischer Sicht soll die Gesetzgebung die KI-Implementierung steuern und sicherzustellen, dass sie nach gewissen Qualitätsstandards entwickelt wird. Diese Standards sollen letztlich sicherstellen, dass die KI keine ungewollten, negativen Folgen nach sich zieht. Die Frage der regulatorischen Kontrolle geht also Hand in Hand mit moralischen und gesellschaftlichen Bedenken. 

Einige bedeutende Vordenker in diesem Bereich sind sicher: "Wir müssen uns damit befassen", ohne rechtlich dazu gezwungen zu sein. Vergleichbar ist diese Vorgehensweise damit, wie Unternehmen heute mit ihren ESG-Richtlinien umgehen. Wir alle wissen, dass wir die Umwelt, in der wir leben, nicht länger ausbeuten können. Daher bemühen sich viele Unternehmen um gesellschaftliches Engagement – ganz einfach, weil es richtig ist. Das ist bei KI nicht anders: Unternehmen erlegen sich bereits selbst Grenzen auf, weil sie schlicht und ergreifend Wert darauflegen, verantwortungsbewusste Mitglieder der Gesellschaft zu sein. 

KI-Regulierung muss aus einer menschlichen Perspektive betrachtet werden, die moralische und gesellschaftliche Dimensionen berücksichtigt. Diese ganzheitliche Sichtweise ist eine gute Basis für die Erstellung von Leitlinien für die Nutzung und Anwendung neuer KI-Technologien. Aber zeigt sich das auch in der Realität? Wir liefern Ihnen einen Überblick zum aktuellen Stand der Dinge: 

Leitplanken schaffen: der EU AI Act 

Die größten Hoffnungen auf eine sinnvolle KI-Regulierung werden derzeit in den Entwurf des EU AI Acts gesetzt, über den während der Erstellung dieses Textes noch beraten wurde. Die Regelung befasst sich insbesondere mit den Risiken.  

Wird KI beispielsweise für eine App genutzt, die verschiedene Make-up-Stile visualisiert, ist das Risiko eher gering.  Für andere Anwendungsfälle, die als "hochriskant" eingestuft werden, müssen jedoch strenge Standards eingehalten werden. Beispielsweise, wenn KI eingesetzt wird, um Bewerber nach dem Scannen ihrer Lebensläufe zu befördern, oder wenn Rabatte auf der Grundlage der Kreditwürdigkeit von Personen gewährt werden. 

Die größten Hoffnungen auf eine sinnvolle KI-Regulierung werden derzeit in den Entwurf des EU AI Acts gesetzt, über den während der Erstellung dieses Textes noch beraten wurde. 

Jede KI-Regulierung muss also zuallererst diesen Zweck erfüllen: die Risiken für die Endverbraucher bewerten. Dabei gibt es allerdings ein Problem. Die EU hat mit Vorschriften wie der DSGVO zwar Erfolge erreicht. Im Bereich künstliche Intelligenz kommt es jedoch vor allem darauf an, dass die Konsequenzen für Nichtkonformität sehr schwerwiegend sein müssen. So verfolgen manche Länder und Unternehmen bei der DSGVO die Strategie, regelmäßig kleine Strafen zu zahlen, anstatt ihre Prozesse umzustellen.  

Und genau das birgt große Gefahren. Das alte Sprichwort “Besser um Entschuldigung als um Erlaubnis bitten" kann bei der KI-Regulierung keine Option sein, da schlicht zu viel auf dem Spiel steht. 

Der EU AI Act sieht die Antwort darin, Konformität auf Prozessebene einzuflechten.  Dabei wird davon ausgegangen, dass jedes neue KI-Tool zertifiziert werden muss - und der Weg zur Zertifizierung führt über einen festgelegten Prozess.  

In gewisser Weise eliminiert der AI Act damit die konkrete Technologie aus der Gleichung: Unternehmen müssen dieser Sorgfaltspflicht im Rahmen der Markteinführung ihrer Produkte auch bei heute undenkbaren zukünftigen Fortschritten nachkommen.  

Bei richtiger Umsetzung wird damit statt des Unternehmens der gesamte Marktreguliert. 

AI-Regulierung ist eine Frage des Wollens und des Könnens   

Es lohnt sich, genau zu beleuchten, an welchen Stellen sich die Interessen von von Regulierung und Wirtschaft überschneiden, denn hier dürften gegenwärtig die größten Probleme für die KI-Regulierung liegen.  

Außerhalb der EU dürften die beiden größten Hindernisse sowohl auf staatlicher als auch auf ökonomischer Seite wohl der Wille und die Bereitschaft sein. 

Unternehmen lassen sich in der Regel nicht gern kontrollieren. Diese Einstellung beißt sich jedoch mit der Notwendigkeit für verantwortungsbewusstes Handeln. Offenheit, Transparenz und die gemeinsame Nutzung von Informationen als Teil eines umfassenderen Data Ecosystems von entscheidender Bedeutung für die Lösung komplexer ökologischer und gesellschaftlicher Probleme.  

Aber die Big-Tech-Unternehmen fühlen sich in ihrer derzeitigen Position wohl. Ein Blick auf das ebenso wichtige Thema Nachhaltigkeit zeigt: Auf jedes Unternehmen, das es mit seinen ESG-Versprechen ernst meint, kommen mehrere Unternehmen, die aktiv Greenwashing betreiben. Um dies zu unterbinden, muss die KI-Regulierung auf Prozessebene ansetzen. 

Auf behördlicher Ebene zeigt die EU hier einen starken Willen. Denn beim Schutz von Wirtschaft und Gesellschaft hat sie schon immer eine Vorreiterrolle eingenommen und ist so der Gesamtentwicklung rund fünf Jahre voraus. 

Länder wie die USA und China haben viel aufzuholen, aber das Problem in den USA ist die regulatorische Zersplitterung zwischen den Bundesstaaten. Die meisten Amerikaner:innen sind für eine stärkere KI-Regulierung. Aber keine Gruppe kann sich organisieren, um dieses Anliegen umzusetzen. Verschiedene Gesetzgebungsabteilungen betrachten die KI-Regulierung aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Zudem sorgen die Lobbys der Tech-Industrie dafür, dass das Thema nicht zu den Prioritäten der Gesetzgebung gehört. 

Wie viel Gehör sie finden und wie viel Einfluss diese Gruppen nehmen können, bleibt damit eine unbeantwortete Frage.  

EU AI Act: Stück für Stück zur AI-Regulierung 

Die Bereitschaft ist also vorhanden. Doch wie steht es um die nötige Fähigkeit? Kann die KI-Regulierung mit den rasanten Fortschritten der modernen KI-Technologien Schritt halten? 

Der EU AI Act ist ein wichtiger erster Schritt, aber wir müssen das Problem stetig im Auge behalten und unser Vorgehen entsprechend anpassen.  

Die Antwort lautet schlicht: Es geht nur Schritt für Schritt. Auch in anderen Bereichen wurde der heutige regulatorische Rahmen nicht über Nacht entwickelt.  Verantwortungsvolle KI-Grundsätze (Responsible AI) sind menschenzentriert und ethisch, aber auch nachvollziehbar und transparent. Es wird dauern, bis diese Ziele erreicht sind – und sie lassen sich nur Schritt für Schritt und nicht auf einen Schlag erreichen.  

Sogar die Website zum EU AI Act befasst sich in einem Abschnitt mit ihren eigenen Schwächen. Das zeigt sowohl die Bereitschaft als auch die Fähigkeit, Unzulänglichkeiten einzuräumen und das Bewusstsein, dass zu einem späteren Zeitpunkt Änderungen erforderlich sein werden. 

Letzten Endes stehen wir am Anfang der KI-Regulierung. Der EU AI Act ist ein wichtiger erster Schritt, aber wir müssen das Problem stetig im Auge behalten und unser Vorgehen entsprechend anpassen.  

Das kann nur schrittweise erfolgen und ist nur dann möglich, wenn alle Beteiligten dazu den nötigen Willen und die nötigen Fähigkeiten mitbringen.  

Sprechen Sie uns an, um gemeinsam mit unseren ISO-zertifizierten Strategen, unseren Consultants und unseren Entwicklungsteams mit der richtigen Daten- und KI-Strategie neue Wege der Wertschöpfung zu erschließen.