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Physical Twins: Neue Erlebnisse für Ihre Kunden!

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10 Minuten Lesezeit
Mit Insights von...

  • In Zeiten von Corona und zunehmender Digitalisierung, steigt das Kundenbedürfnis nach physischer Interaktion

  • Der „Physical Twin“ bietet die Möglichkeit, rein digital-virtuelle Angebote in der realen Welt erlebbar zu machen

  • Kunden erhalten digitale Produkte, verschmolzen mit einem physisch-haptischen Erlebnis

[Richtig gelesen: Physical Twins, nicht Digital Twins!]
Während sich die Welt durch die Corona-Pandemie zusehends virtualisiert und digitalisiert, entsteht bei uns Menschen eine große Sehnsucht nach direkten Interaktionen. Unser Blick fürs Wesentliche wird geschärft.

Klassische Telefonkonferenzen? Die wird es in Zukunft wohl nur noch selten geben - zu wichtig ist die Mimik des Gegenübers. Umgekehrt veranstalten wir nun sogar interaktive Online-Workshops, die nach kurzer Eingewöhnung extrem produktiv sind. Alle Teilnehmer können verteilt am eigenen Touch-Screen besser brainstormen, als wenn wir uns gemeinsam in einem Raum vor dem selben Whiteboard drängeln.

Und umgekehrt: Was bedeutet dieses "New Normal", wenn mein Produkt schon vor Corona einen rein digital-virtuellen Charakter hatte? Bin ich dann auf der sicheren Seite - oder muss ich womöglich auch über neue Bedürfnisse meiner Kunden nachdenken?

Man merkt: Alles verschmilzt! Physisches und Digitales wird miteinander verwoben. Eine neue "haute couisine" der Kundenbeziehung entsteht!

Ich bin überzeugt, wir alle sind betroffen und müssen über das "New Normal" intensiv nachdenken! Auch und gerade die Hersteller rein digital-virtueller Produkte oder Services könnten hier sonst eine Chance verpassen. Wie so oft lautet die Frage: Wie komme ich näher heran an meine Kundschaft? Wie kann ich meine Produkte oder Services erweitern, um die Interaktion zu fördern - vielleicht sogar eine haptische Erfahrung ermöglichen? Jeder, der schon einmal ein neues iPhone aus seiner Verpackung geholt hat, der kennt dieses Gefühl: Da ist etwas Wertiges in dieser physischen Erstbegegnung. Wir Menschen brauchen das. Na klar nutze ich das Gerät dann ganz schnell für Virtuelles - und dennoch ist die Haptik des Geräts von entscheidender Bedeutung für die Wahrnehmung der Wertigkeit. Sie ist quasi das i-Tüpfelchen in unserer Beziehung zur Marke des Herstellers. 

Unsere These: Viele Anbieter werden sich in den nächsten Jahren rund um ihre rein digital-virtuellen Produkte und Services etwas einfallen lassen müssen, um in der realen Welt im wahrsten Sinne des Wortes "begreifbarer" zu werden. Manchmal braucht das einen ordentlichen Schuss Kreativität, um etwas rein Digitales anfassbar zu machen. Aber es geht:

Wir bei Zühlke glauben, dass hier eine ganz neue Produktkategorie entsteht! Wir nennen das "Physical Twin" - den physischen Zwilling eines digitalen Etwas.

Was man vom Digital Twin für den Physical Twin lernen kann

Sie kennen das andersherum? Sicher: Durch IoT werden ehemals autonom funktionierende Geräte, Maschinen, Produkte digital vernetzt, Daten abgegriffen, gesammelt, um zum Beispiel den Betriebsstatus digital nachzubilden: Der "digitale Zwilling" ist geboren. Er wird eingesetzt, um die Entwicklung zu beschleunigen, den Betrieb abzusichern, die Wartung zu optimieren, tiefere Einblicke in die reale Nutzung des Produkts zu gewinnen und on-demand Software-Updates einzuspielen. Unser Brot-und-Butter-Geschäft bei Zühlke. Interessant ist das in erster Linie für den Hersteller: Er gewinnt tiefere Einblicke als je zuvor, was an dem Produkt gefällt und was eher nicht. Für den Nutzer ist es im ersten Schritt nicht unbedingt ein Erlebnis, muss er sich doch meist irgendwie registrieren, ohne am Anfang zu ahnen, welche Vorteile der Digital Twin ihm später bringt. Das Nutzererlebnis wird erst im zweiten Schritt bereichert, wenn man überraschende Zusatz-Features geliefert bekommt oder spannende Einblicke in die eigene Nutzung.

Bei Physical Twins verhält sich der Zugewinn interessanter Weise genau umgekehrt: Nicht der Hersteller, sondern der Nutzer verspürt bereits im ersten Schritt einen deutlichen Mehrwert. Er hat das Produkt im wahrsten Sinne des Wortes "in der Hand". Die Registrierung kommt danach - und wirkt bestenfalls ganz natürlich - schließlich will man ja an die digitalen Services ran, die sich hinter dem Physical Twin verstecken. Zu theoretisch? Ich gebe zu, es wird höchste Zeit für konkrete Beispiele, die verdeutlichen, was da draußen gerade vor sich geht.

Beispiel 1 - direkt aus dem Kinderzimmer!

Innovationen passieren ja häufig zuerst in der Gaming-Branche - oder eben im Kinderzimmer. Kennen Sie Produkte wie die toniebox oder die tigerbox TOUCH? Diese Hersteller hatten schon vor einigen Jahren die geniale Idee, ihre über Jahre gesammelten Rechte an digitalen Inhalten für Kinder und Jugendliche irgendwie "greifbarer" zu machen - und besser zu verkaufen. Und das betrifft nicht nur die Box selbst, die mediale Inhalte abspielt wie früher ein Kassettenrecorder oder CD-Player. Vielmehr geht es vor allem um die Medien selbst, die wieder greifbar werden: kleine Kärtchen oder Figuren repräsentieren zum Beispiel eine Folge einer Kinderserie - sie sind der eigentliche Schlüssel zum "Physical Twin" und kommunizieren über NFC oder Bluetooth mit der zugehörigen Box, was da abgespielt werden soll.

Daraus entstehen neue bzw. althergebrachte Anwendungsfälle: Opa und Oma können dem Enkel nun wieder die neueste Folge von "Bibi und Tina" zum Geburtstag kaufen - und zwar physisch: Man kann die Karte nett einpacken und verschenken. Man vergleiche das emotionale Erlebnis des Kindes beim Auspacken im Vergleich zu gängigen rein virtuellen Anbietern digitaler Inhalte. Natürlich macht auch ein Spotify- oder Netflix-Abo Spaß, aber die Interaktion ist eine gänzlich andere - insbesondere für Kinder.

Der tief in uns verwurzelte "Sammlerinstinkt" wird durch die Kärtchen oder individuell gestaltete Figuren ganz anders angeregt als eine rein virtuelle, vollkommen unübersichtliche "Bibliothek" - künstliche Intelligenz hin oder her.

Lösungen wie diese machen fast ein wenig wehmütig, wenn man an seine eigene Plattensammlung aus den 80ern denkt, über die man sich noch identifizieren konnte: Ein Blick an die Wand mit den 10 Lieblingsplatten und es war klar, wo man mit seinem Musikgeschmack steht. Meine Prognose: Solche Lösungen werden wieder kommen!

Technisch gibt es dabei ein Detail zu beachten: Im Gegensatz zu unseren Vinylplattensammlungen von früher enthalten diese neuartigen, physischen Medienzwillinge aus dem Baujahr 2020 keine Inhalte, sondern nur die Zugriffsrechte.

Man kauft quasi eine Figur oder Karte mit einer Abspielberechtigung. Die eigentlichen Inhalte werden analog zu Spotify und Netflix gestreamt. Der Hersteller hat quasi das Beste aus beiden Welten kombiniert, weil man die Produktion der Figuren von der Produktion der eigentlichen Inhalte entkoppeln kann, wenn zum Beispiel eine Synchronisation in eine neue Sprache nachgeliefert werden muss - das geht nun "just in time".

Ein anderer wichtiger Nebeneffekt besteht darin, dass die Abspielgeräte nebst Sammlung der medialen Inhalte prominent im Kinderzimmer stehen. Im Vergleich zu rein digitalen Inhalten auf einem iPad bedeutet dies natürlich auch einen ausgezeichneten Werbeeffekt für den Hersteller - mit zahlreichen positiven Nebeneffekten:

  1. Eltern und Kinder zeigen damit, dass sie Markenbotschafter dieses Produkts sind.
  2. Ein neuer Nutzungs- und Vermarktungskanal direkt zum Kunden ist etabliert.
  3. Gängige Intermediäre wie Amazon oder der App Store werden eben mal eliminiert - oder zumindest in die zweite Reihe verdrängt.
  4. Die Wahrnehmung der Wertigkeit wandert ganz klar zurück zum Inhalt und dem Inhaltsanbieter.
  5. Mit Hilfe des physischen Zwillings wird die eigene kleine, aber feine Medienplattform aufgezogen. Wir bauen quasi ein Plattform-Business!

Hier zum Abschluss ein spannender Vergleich verschiedenster "Kinderboxen": 

Beispiel 2: Ein Physical Twin für's Bankkonto!

Andere Branche, ähnliches Beispiel: Das Sparschwein. Richtig erkannt: sie werden seltener. Mit dem Rückgang von Bargeldnutzung und den von vielen Banken erhobenen Gebühren bei der Bargeldeinzahlung sind sie außer Mode gekommen. Und trotzdem gibt es weiterhin Kindersparbücher - halt eben rein digital. Sie haben den Nachteil, dass Kinder schwieriger begreifen, was denn da vor sich geht, was das "Sparen" eigentlich bedeutet. Es war früher alles deutlich greifbarer und eingängiger, als man noch Münzen in seinem Sparschwein sammelte und zur Bank zur Einzahlung brachte. 

Aus diesem Dilemma entstand bei der CreditSuisse die geniale Idee des Digipigi - eines "digitalen Sparschweins". Das Sparschwein funktioniert dabei als eine Art "Physical Twin" zum Konto des Kindes. Gespart werden kann immer noch in bar mit Münzen - oder eben virtuell. Begleitet wird das Konzept über sogenannte "Companion Apps" - eine fürs Kind und eine für die Eltern. Man merkt auch hier wieder: Physische und virtuelle Erlebnisse werden verwoben. Die Connectivity des Digipigi mit dem Backend der Bank machen es möglich. Wir von Zühlke waren übrigens bei der Entstehung und der ursprünglichen Umsetzung dieser Produktidee eng beteiligt. Positive Nutzerrezensionen wie diese freuen uns natürlich sehr und unterstreichen den emotionalen Mehrwert, der offensichtlich geschaffen wird. 

Beispiel 3: Ein "virtueller Mitbewohner" schützt vor Einbrechern!

Einen ganz anderen Anwendungsfall für "Physical Twins" hatte sich das Schweizer Startup Mitipi mit seinem Produkt "Kevin" ausgedacht (Sie ahnen es: ja, der Produktname ist inspiriert vom Filmklassiker Kevin allein zuhause). Auch Mitipi durften wir bei der Umsetzung der Ideen in die Realität unterstützen. Ein kleines Gerät, das automatisiert und fernsteuerbar über eine mobile App einen virtuellen Bewohner simuliert, um Einbrecher abzuschrecken, wenn man außer Haus ist. Dazu werden typische Lichtschaltungen in der Wohnung simuliert und Tonsequenzen ausgespielt. Auch hier ist wieder die Kombination eines leicht zu bedienenden Produkts zum Anfassen mit einer intelligenten Software-Lösung der Schlüssel zum Erfolg. Man sieht: Der Fantasie für Physical Twins sind keine Grenzen gesetzt.

Spannende Einblicke in das Startup gibt übrigens der Pitch der Gründer im Schweizer "Höhle der Löwen" (Achtung Schwizerdütsch - genau hinhören 😃). Besonders die Kopplung des Business-Modells mit einer optional zubuchbaren Hausratversicherung finde ich spannend - ein zusätzliches "virtuelles" Produkt, das damit greifbarer gemacht wird: 

Und - Action!

An dieser Stelle hoffe ich nun, dass ich auch bei Ihnen einen Impuls für eine neue Idee setzen konnte?! Sollte man nicht auch bei Ihnen im Haus über einen "Physical Twin" nachdenken, der ein neuartiges Geschäftsmodell ermöglicht und einen exklusiven Kundenkanal aufmacht?

Wir sind überzeugt:
Genau solche Ideen müssen in Krisenzeiten umgesetzt werden, um Kunden neu zu begeistern.
Sie fragen sich inzwischen vielleicht: Warum sollte ich ausgerechnet mit Zühlke über "Ihren Physical Twin" diskutieren? Nun, wir haben einfach alles an Bord, um gemeinsam mit Ihnen einen "Physical Twin" zu erdenken und end-to-end umzusetzen.

Wir begreifen uns als "One Stop Shop" für solche Innovationen:

  1. Angefangen bei einem Kreativ-Workshop, um spannende Ideen zu entwickeln und zu bewerten.
  2. Über Konzeption, Bau und Test eines Experience Prototype, um mit Lean Startup Methoden die Idee am Kunden zu validieren: Will jemand so ein Produkt haben? Und wird jemand dafür Geld bezahlen? Und wenn ja: wieviel?
  3. Bis hin zur Entwicklung eines produktions- und serienreifen Produkts mit attraktiven Herstellkosten.

Dabei hilft uns unsere breite Expertise aus den letzten 50 Jahren am Markt: Angefangen bei der Erarbeitung der gewünschten Customer Experience, die ja durch solche neuartigen Kundenkanäle extrem gefördert wird, über die Betrachtung eines tragfähigen Business Case bis hin zu unseren Wurzeln im Hardware Engineering (Mechanik, Optik, Elektronik) und den Software-Themen (Embedded, Cloud, Mobile, AI).
 

Stefan Grasmann
Ansprechpartner für Deutschland

Stefan Grasmann

Group Head of Thought Leadership & Chief of Blockchain

Stefan Grasmann ist Partner und Group Head of Thought Leadership & Chief of Blockchain bei Zühlke. Er ist verantwortlich für das Thought Leadership Programm von Zühlke und beschäftigt sich leidenschaftlich mit Blockchain-Technologie und Decentralized Finance (DeFi).

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