Digitalisierung und Disruption

Durch Integration von Cloud-native Services zur mächtigen Low-Code-Applikation

Mann arbeitet vor dem Laptop mit den Füssen auf dem Tisch und trinkt Kaffe

Low-Code-Plattformen kommen mit einer Fülle von Versprechen daher. Die Digitalisierung von Geschäftsprozessen soll einfacher, schneller und zugänglicher sein. Doch wenn all diese Vorteile sich bewahrheiten, weshalb wird dann nicht bereits heute ein Grossteil der Softwareentwicklung mit Low-Code und Visual Development umgesetzt?

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Eines der meistgenannten Argumente gegen den Einsatz von Low-Code-Plattformen ist die Befürchtung, dass die gewählte Low-Code-Plattform komplexe Funktionalitäten nicht oder nicht vollständig implementieren kann. Häufig genannte Beispiele sind Anwendungen im Bereich künstliche Intelligenz und Machine Learning, komplexe Berechnungen und spezielle Algorithmen.

Fundamentale Missverständnisse

Mit diesen Argumenten wird die Verwendung einer Low-Code-Plattform schnell als nicht zielführend und nicht für den Unternehmenseinsatz bereit abgetan und dadurch nicht weiter in Betracht gezogen. Genau hier liegt eines der fundamentalen Missverständnisse über die Anwendung solcher Plattformen. Sie sind nicht als Lösung für alles zu verstehen, sondern als offene Integrationsplattform.

Dies soll bedeuten, dass eine Low-Code-Plattform viele Funktionalitäten einer klassischen Unternehmensapplikation schnell und effizient bereitstellen kann. Durch die grosse Anzahl Lizenznehmer kann der Plattformhersteller diese Funktionalitäten deutlich besser warten als es bei einer Individualentwicklung der Fall ist – hier ist eine Analogie zu den grossen Cloud-Providern, die deutlich mehr Ressourcen in die Sicherheit und Weiterentwicklung ihrer Funktionalitäten investieren können als es die allermeisten Unternehmen selbst könnten, angebracht.

Gleichzeitig wird eine Low-Code-Plattform gewissen Funktionalitäten nicht abdecken können oder wollen, nehmen wir als exemplarisches Beispiel die Bilderkennung mittels künstlicher Intelligenz. In diesem Feld gibt es Expertensysteme, welche bereits einen hohen Maturitätsgrad haben und es obsolet machen, diese Funktionalitäten nochmals als Service innerhalb einer Low-Code Plattform zu entwickeln. Statt nun aber deshalb die Plattformen zu kritisieren, dass diese Funktionalität fehlt, entspricht es genau dem Hersteller seiner Intention, dies mittels API-Aufrufen zu integrieren.

Praxis-Beispiel aus der Versicherungsbranche

Ein Beispiel: Eine Applikation zur Kategorisierung von Bildern von Schadensmeldungen bei einer Versicherung kann grossmehrheitlich auf einer Low-Code-Lösung umgesetzt werden. Registration, Anmelden, das Formular zur Erfassung der Schadensmeldung und Rückmeldung an den Endanwender sind Standardfunktionen und optimal zur Umsetzung in einer Low-Code-Plattform geeignet. Sollen nun im Hintergrund die mit der Schadensmeldung mitgeschickten Bilder prozessiert werden und je nach Schwere des Schadens die Auszahlung vollautomatisch oder bei entsprechender Schadenshöhe erst durch die Freigabe eines Experten ausgeführt werden, gerät die Low-Code-Plattform an ihre Grenzen.

Das Beurteilen eines Bildes mittels künstlicher Intelligenz und das Ableiten der Schadenshöhe ist nicht in der Low-Code-Plattform abzubilden. Hier bietet sich die Integration eines Expertensystems wie Azure Cognitive Services oder AWS AI Services mittels API-Aufruf an. Dabei werden die Aufnahmen plus eventuelle Kontextinformationen an das Expertensystem gesendet, in diesem verarbeitet, das Resultat wird zurück an die Low-Code-Applikation übermittelt und das Ergebnis in der Low-Code-Applikation weiterverwendet, beispielsweise zur Information des Endanwenders über das weitere Verfahren im Schadensfall – direkte Auszahlung oder Beurteilung durch den Versicherungsexperten.

Beispiel Low-Code-Applikation

Plattform als Integrationslösung

Denkbar sind beispielsweise auch komplexe Berechnungen durch eine Cloud-Lösung wie Azure Function oder AWS Lambda um dabei auf die einfache horizontale und vertikale Skalierung zurückgreifen zu können sowie die Berechnungslogik in einer dem Anwendungsfall angepassten Programmiersprache umsetzen zu können. Gleichzeitig können in dieser Architektur auch Softwareentwickler eingesetzt werden, die sich vertieft mit der Materie auseinandersetzen und auf ihr Entwicklungsprozess und ihre Tools zurückgegriffen werden.  

In vielen Geschäftsprozessen werden auch sogenannte Document Management Systems (DMS) benötigt. Obwohl es möglich ist, diese in Low-Code zu implementieren ist es oftmals der Fall, dass ein Unternehmen bereits ein spezialisiertes System einsetzt – mittels eines API-Aufrufs kann eine Low-Code-Plattform diese unkompliziert einbinden, statt dieselbe Funktionalität nochmals zu implementieren.

Diese Erweiterungsmöglichkeit hebt die Beschränkung einer Low-Code-Plattform praktisch vollständig auf und ermöglicht das Nutzen der Vorteile ohne den Nachteil einer Limitierung in der Funktionalität durch die Plattform. Die Plattform dient in dieser Architektur als Integrationslösung und vereint verschiedene Fähigkeit von bereits bestehenden oder im Unternehmen neu entwickelten oder eingekauften Systemen zentral an einem Ort und ermöglicht mittels schneller, individueller Anwendungsentwicklung das Erstellen optimaler Software-Lösungen zur Digitalisierung von Geschäftsprozessen.

Bei dem breiten Anwenden des Citizen-Developer-Konzepts kommt in diesem Modell der IT-Abteilung nebst dem Befähigen der Fachmitarbeiter und der Governance die Rolle des Erstellers von Expertendiensten zur Verfügung. Diese können dann durch die Citizen Developer je nach Anwendungsfall angesprochen und verwendet werden, um exakt jene Logik zu bauen, die ihre Problemstellung erfordert.

Schneller zu Innovation

Diesem Architekturentwurf wird durch die rasche Weiterentwicklung im Bereich Public Cloud zusätzlicher Vorschub geleistet – Unternehmen werden in Zukunft immer mehr Services von Cloud Providern beziehen, welche durch ihre Marktposition Innovation deutlich schneller vollziehen können als es mit Eigenentwicklung möglich ist. Die Low-Code-Plattform dient dann zur Integration und Orchestrierung jener Services. Beispielsweise geht Microsoft Power Platform exakt diesen Weg und stellt in erster Linie Komponenten zur Verfügung, um das umfassende Microsoft- und Azure-Universum zu integrieren. Es ist zu erwarten, dass insgesamt die Softwareentwicklung der Zukunft weiter diesen Weg beschreiten wird und Low-Code-Plattformen als zentrale Integrationsplattformen an Bedeutung gewinnen werden.

Silvan Stich
Ansprechpartner für die Schweiz

Silvan Stich

Head of Low-Code

Silvan Stich hat per Januar 2022 die Rolle als Head of Low-Code übernommen. Dabei liegt sein Fokus auf der Teamführung und verantwortet den Aufbau und Weiterentwicklung des Themas Application Platforms innerhalb der Cloud Practice. Erfahrungen mit Application Platforms sammelte Silvan als Project Manager in verschiedenen Projekten und Angebotsphasen. Die grosse Flexibilität gepaart mit schneller Umsetzung begeistert ihn für die Technologien.

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