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Wozu braucht das Team einen Agile Coach?

Hol Dir einen Kaffee, mach Dir entspannende Musik an, und begleite uns zur elften Folge von The Hüb. Diesmal teilt Bogdan Doroslovac seine wertvollen Ansichten über die Aufgaben des Agile Coach im Unternehmen.

Bogdan Doroslovac

„Willkommen bei The Hüb – einem Ort, an dem unsere Fachleute offen ihre Meinungen, Ideen, und Erfahrungen sowie ihr Wissen zur Branche, ihrer Zukunft und wichtigen Trends weitergeben.“

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Finde heraus, was einen guten Agile Coach ausmacht – und ob man überhaupt einen braucht.

Hol Dir einen Kaffee, mach Dir entspannende Musik an, und begleite uns zur elften Folge von The Hüb. Diesmal teilt Bogdan Doroslovac seine wertvollen Ansichten über die Aufgaben des Agile Coach im Unternehmen.

Was ist ein Agile Coach?

Einfach ausgedrückt ist ein Agile Coach jemand, der einem Team hilft, agil zu arbeiten.

Die Aufgabe kann vergleichbar sein mit derjenigen eines Scrum Master, und böse Zungen behaupten, der Agile Coach sei eigentlich nur ein überbezahlter Scrum Master.

In Wirklichkeit aber hängt die Arbeit des Agile Coach sehr stark vom Unternehmen ab, von dessen Anforderungen und Framework-Verständnis.

Meiner Erfahrung nach kann diese Funktion auf zweierlei Weise ausgefüllt werden:

  • Der Agile Coach als eine Art „Meta-Scrum-Master“, als jemand, dessen Aufgabe es ist, den Scrum Masters beizubringen, wie sie am besten arbeiten
  • Agile Coach als jemand, der sich mehr auf das Unternehmen selbst und die Unternehmenskultur konzentriert

Letzten Endes läuft es immer auf Menschen und die Arbeit mit Menschen hinaus.

Es geht darum, die Aufgabenbereiche mit Leben zu füllen und eine realistische Vorstellung davon zu bekommen statt einer überzeichneten. Für letzteres gibt es die treffende Bezeichnung „Wassermelonenprojekt“, die einen aus Mangel an Transparenz herrührenden Projektzustand beschreibt: außen ist alles schön grün und signalisiert OK, während im Innern alles alarmrot ist. Offenheit, Transparenz und klare, am Menschen orientierte Prozesse sind notwendig, um sich ein wirklichkeitsgetreues Bild machen zu können. Wenn dann bei einem Projekt ein Problem auftaucht, merkst Du das sofort und nicht erst, wenn alles um Dich herum zusammenbricht.

Man will an einen Punkt kommen, an dem das Team gelernt hat, sich selbst richtig zu managen. Dazu gehört ein einfacher Mindset-Aspekt, nämlich dass es nicht darum geht, was Du denkst oder was ich denke – all das sind nämlich bloß Hypothesen. Die müssen wir testen und dann sehen, was uns die konkreten Daten sagen. Diese Woche liege vielleicht ich richtig und nächste Woche Du. Aber höchstwahrscheinlich hat keiner von uns beiden recht – oder wir haben beide irgendwie recht. In einer komplexen Welt gibt es keine einfachen Antworten.

Brauchen Unternehmen überhaupt einen Agile Coach?

Wir leben in einer Welt der „Wissensarbeiter“, wie der berühmte Ökonom und Autor Peter Drucker sie nannte. Die Mitarbeitenden von heute wissen mehr als ihre Vorgesetzten, und man kann ihnen nicht mehr ohne Weiteres vorschreiben, wie sie ihre Arbeit machen sollen. Deshalb musst Du Deine Denkweise ändern, den Kolleginnen und Kollegen mehr Befugnisse einräumen und die Verantwortung dorthin verlagern, wo sie hingehört, nämlich an die Basis.

In den meisten modernen Management- und MBA-Studiengängen wird noch immer der Taylorismus gelehrt, wonach Arbeitsabläufe detailliert vorgeschrieben werden. Heute haben wir aber hochkompetente Frauen und Männer, denen man die Möglichkeit geben muss, so zu arbeiten, wie sie es für richtig halten. Mikromanagement ist da eher schädlich.

Neue Generationen bringen auch neue Paradigmen mit in die Arbeitswelt. Die meisten Menschen arbeiten heute nicht mehr nur, um das Geld für ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie legen größeren Wert auf ihre Arbeitsbedingungen und vor allem auch auf die Idee, für die sie sich mit ihrer Arbeitskraft einsetzen. Sie wünschen sich kürzere Arbeitszeiten, aber größere Sinnhaftigkeit ihres Tuns. Es stellt sich daher die Frage: Wie können wir Arbeitsplätze schaffen, die zu diesen Bedürfnissen passen?

Was die besten Agile Coaches von den guten unterscheidet

Das wichtigere Wort in „Agile Coach“ ist „Coach“, also „Lehrer“.

Nach dem alten japanischen Konzept für die Lehre Shu-Ha-Ri gibt es drei Stufen:

  • Die erste ist, wenn Du jemandem beibringst, etwas systematisch zu tun, nach genauen Anweisungen und ohne allzu viel eigenständiges Denken. Das ist gut für den klassischen Unterricht.
  • Die nächste Stufe ist eine Art Mentorenschaft, bei der Du Dein Wissen weitergibst und zum Beispiel so begründest: „Du siehst jetzt diese sieben Möglichkeiten, aber ich rate Dir zur dritten, weil sie am unproblematischsten ist. Ich weiß das, weil ich mit den anderen schon negative Erfahrungen gemacht habe.“
  • Die letzte Stufe ist das Coaching, bei dem ich keinen Wissensvorsprung vor meinem Gegenüber haben muss, sondern versuche zu spiegeln, damit der gecoachten Person die Weiterentwicklung aus eigenem Antrieb gelingt. Dieser Ansatz ist gleichzeitig konstruktivistisch und existenzialistisch.

Über diese Coaching-Mentalität wird immer mehr gesprochen, in Zusammenhang mit Leadership Skills von Vorgesetzten. Bei Positionen mit Führungsverantwortung wird großer Wert auf diese Soft Skills gelegt. Schließlich kann es nicht darum gehen, dass eine Person, die für die Arbeit anderer verantwortlich ist, deren Arbeit im Grunde auch selbst erledigen könnte. Außerdem kann man sich spezielle Hard Skills bei Bedarf mehr oder weniger gut aneignen. Deshalb ist das wichtigste Handwerkszeug für Agile Coaches ihre Einstellung, ihr Mindset. Man braucht also nicht nur gute fachliche Fähigkeiten, sondern muss vor allem gut mit anderen Menschen arbeiten können.

Ein guter Agile Coach erklärt Dir, worauf Du bei der Auswahl eines Skalierungsframeworks achten musst

Meiner Meinung nach muss ein guter Coach dem Unternehmen beibringen, wie es seine Probleme selbst lösen kann. Alle erfolgreichen Unternehmen haben Modelle zur Skalierung der agilen Arbeitsweise entwickelt (SAFe, LeSS, Nexus, Spotify), weil die Aufgaben für einzelne agile Teams einfach zu groß geworden sind. Es ist auch in Ordnung, wenn man erst einmal mit so einem Framework anfängt, aber am Ende muss es Antworten auf die situativen Fragen geben – Was wollen wir eigentlich? Was ist das Kriterium, nach dem wir optimieren sollten? Und warum?

Man muss alles als Hypothese, als ein Experiment verstehen. Es gibt zunächst einmal kein „richtig“ oder „falsch“. Alles, was wir tun, kann gut sein, muss es aber nicht. Ob gleich unser erster Lösungsversuch zu uns passt oder nicht, finden wir nur heraus, indem wir ihn antesten. Manchmal ist es besser, zum gegebenen Zeitpunkt einfach etwas auszuprobieren, als ewig nach der theoretisch bestmöglichen Lösung zu suchen. Eigentlich nicht viel anders als in der Freizeit: Ich habe Tauchen ausprobiert und wieder aufgegeben. Als nächstes habe ich Roller-Skating getestet, und das finde ich toll! Ich hätte mich aber auch vorher monatelang aufs Sofa setzen und eine Kosten-Nutzen-Analyse machen können.

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Ansprechpartner für Serbien

Bogdan Doroslovac

Agile Consultant

Bogdan Doroslovac ist Agile Consultant bei Zühlke Engineering. Als Maschinenbauer war sein Schwerpunkt Guidance, Navigation & Control (GNC). Bevor er sich dem Agile Coaching zuwandte, war (und ist) er ein passionierter Embedded Engineer mit Erfahrung im Verteidigungs- Automobil- und Medizintechniksektor. Derzeit widmet er sich der Unterstützung von Teams und Unternehmen bei ihrer Agile Journey. Er ist aktiver Professional Scrum Trainer (PST) bei Scrum.org und SAFe Program Consultant (SPC). Sein Angebot umfasst Schulungen, Beratung und Coaching, und er ist spezialisiert auf Teamsupport sowie Gruppen- und Einzelcoaching. Er kennt sich bestens mit Scrum und Kanban aus und weiß, wie man diese Frameworks am besten implementiert und im Hinblick auf ein optimales Resultat kombiniert.

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